Deutsche Vereinsmeisterschaft U10

Nachdem die Meisterschaften, die ansonsten zwischen Weihnachten und Neujahr stattfinden Corona zum Opfer fielen, wurden sie vom 12.-14.8. in Düsseldorf nachgeholt.

Als 3.der Landesmeisterschaft waren wir ja nur Nachrücker und bereits im November bekamen wir die Info, nachdem Kaiserslautern abgesagt hatte, teilnehmen zu dürfen. Für alles Formalitäten fertig zustellen blieb nur ein Wochenende, dass ich mit Gesprächen beim Training, Telefonanten und den Eingaben am PC auch brauchte. Das nahm ich gerne in Kauf, auch wenn fast schon klar war, dass wegen den steigenden Coronainfektionen die Meisterschaft wahrscheinlich verschoben wird.

Aber dann nach der offiziellen Terminabsage die Nachricht, jetzt sind die ursprünglich qualifizierten Mannschaften, bei uns Kaiserslautern, wieder im Rennen und wir draußen. Ich war schon verärgert, hätte ich unter dieser Voraussetzung mir die Zeit für die Vorbereitung gespart.

OK dann Ende März wieder eine Kehrtwende, wieder hat Kaiserslautern abgesagt und wir sind wieder drin. Die Meisterschaften jetzt mitten in unseren Sommerferien. Viele Eltern mussten ihre Urlaube um den Termin rumplanen. Bei Niclas und Julius hat das leider nicht funktioniert, aber wir waren ja noch zu viert.

Donnerstags vor der Abreise schaue ich wie üblich nochmal in meine Mails und die schlechte Nachricht Zhang Hao ist krank, Corona. Schnell nach 22:00 Uhr noch die Eltern von Leo und Til angeschrieben, weil die ja sowieso am nächsten Tag mit Leo dabei sind und gefragt, ob Til mitkommen kann. Der verstärkt uns und wir haben glücklicherweise wieder eine vollständige Mannschaft.

Wir reisen alle mit dem Zug, was sich als Abenteuer erweisen sollte. Die Hinfahrt war noch OK. Da der Zug in Koblenz losfuhr bekamen wir alle einen Sitzplatz. Die gute Stunde Verspätung in Düsseldorf war noch mit einkalkuliert und wir konnten uns pünktlich in der Jugendherberge Düsseldorf anmelden. Die Jugendherberge war echt schön. Viel Platz zum Sitzen im Freien und das Essen war einfach hat aber geschmeckt. Von der Jugendherberge waren es nur 10 Minuten über den Rhein und dann war man schon nahe der Innenstadt, was einige zu Shoppen nutzten.

Kurz vor der Runde dann die Info, dass im Spielsaal keine Zuschauer, auch nicht die Betreuer, zugelassen sind. Grund dafür ist nicht Corona, sondern die Enge des Spielsaals. Ich war darüber echt genervt, weil es jetzt hieß, 3 Tage Kaffee trinken und auf Ergebnisse warten. Liveübertragungen gab es dann auch nicht, was ansonsten bei Deutschen Meisterschaften durchaus üblich ist und noch nicht einmal eine Partieeingabe. Die Kinder konnten also Schach spielen und die Eltern/Betreuer mussten draußen warten und fertig. Das schachliche Angebot war also rudimentär. Man muss froh sein, wenn sich ehrenamtliche Helfer für solch eine Meisterschaft finden, aber das geht echt besser und muss auch besser gehen. Grundsätzlich gehören zum Sport Zuschauer dabei und daran muss auch Schach sich halten, will es allgemein als Sport anerkannt werden. Vor Ort hätte sich zum Beispiel angeboten ein paar Mannschaften im  Raum direkt darunter, der als Analyseraum genutzt wurde,  spielen zu lassen, um Platz zu schaffen. Die Treppe war auch direkt an den Räumen, so dass man in wenigen Sekunden vom einen in den anderen Raum konnte. Nicht ganz ideal, aber aus meiner Sicht viel besser als alle interessierten Zuschauer auszusperren.  In der weitläufigen Jugendherberge boten sich ansonsten genug Möglichkeiten zum Analysieren.

Ok das Turnier begann und wir bekamen mit Dresden einen sehr starken Gegner zugelost. Ich gab allen vor, dass wir bei einer Deutschen Meisterschaft durchaus verlieren dürfen, aber wir sollten versuchen immer unser Bestes zu geben. Die Kinder geben das auch, es fehlt jedoch bei vielen noch die Reife, dass es durchaus hilft seine zur Verfügung stehende Bedenkzeit zu nutzen. Finn, Vincent und Til sind da noch nicht ganz so weit und so war ich nicht überrascht, dass alle drei nach 20-30 Minuten ihre Partien beendet hatten, vielmehr von den Dresdener besiegt wurden. Eine Kurzanalyse, soweit mit der Notation möglich, ergab auch einfache Fehler, wobei ich glaube es wäre bei allen auch mit bestem Spiel sehr schwer geworden. Die waren einfach etwas besser. Leo ist mental schon etwas weiter und kniet sich richtig in seine Partien rein. Mit einer insgesamt sehr sauberen Partie gewann er und holte unseren Ehrenpunkt, dabei hatte sein Gegner eine Wertungszahl von fast 1600, über 400 stärker als er. Die nächste Runde mussten wir gegen den USC Magdeburg ran und es wurde eine überraschend klare Angelegenheit für uns, waren wir in der Begegnung nicht der Favorit. Leider hatte Vincent wieder das Nachsehen, aber die anderen drei gewannen. Dann setzte es zweimal hintereinander 0-4. Die Düsseldorfer SK und die Schachzwerge Magdeburg überrollten uns. Gerade in dem Match mit den Schachzwergen war etwas zu erwarten, sicher keine Sternstunde unserer Mannschaft. Es folgten zwei Unentschieden, umkämpft und am Ende gerecht. Vor der letzten Runde lagen wir auf dem 35. Platz von den 40 Mannschaften. Auf Platz 34 waren wir gesetzt, es konnte wenn man von unseren Erwartungen ausging noch gut enden. Til kam schnell freudig aus dem Turniersaal und es war klar er hatte gewonnen, danach dauerte es. Ausnahmsweise war Leo diesmal nicht der letzte Spieler am Brett. Mit dem angebotenen Remis konnte er sehr zufrieden sein. Remis wollten wir eigentlich nicht, die Partie war aber eher verlustig und so war das Angebot fast schon ein Geschenk. Vincent kniete sich in seine letzte Partie rein, aber es sollte wieder nichts werden. Dann mussten wir lange warten und waren glücklich, dass Finn sein letztes Spiel für sich entscheiden konnte. Ein knapper Sieg brachte und auf 6-8 Punkte und Platz 32, punktgleich mit dem 23. wobei hier die Zweitwertung durchaus gerecht war, hatten wir gegen stärkere Gegner bis auf Runde 1 wenig entgegen zu Setzen.

Die Heimfahrt war dann recht grenzwertig. Wir stiegen in einen da schon übervollen Zug ein. Natürlich waren alle Sitzplätze belegt und wir drängten und eng an eng auf den Gängen. Wenigstens konnte man nicht hinfallen so voll war es. Wollte einer von hinten aussteigen, mussten man sich über die sitzenden Reisenden lehnen, fast drauflegen, damit die durchkamen und bis Köln wurde es trotzdem noch voller. Bei solch einem Stress kam es immer mal wieder zu Auseinandersetzungen, die gerade noch so im verbalen Bereich blieben. Hinter Köln entspannte es sich ein wenig, wobei bis Koblenz Leute auf den Gängen stehen mussten. Wir konnten dann irgendwann einen Sitzplatz ergattern und so ab Bonn alle sitzen und uns an der Durchsage erfreuten, dass die Bahn sich entschuldigte nur die halbe Wagenkapazität für die Fahrt zur Verfügung stellen konnte. Hat ja gereicht alle sind in Koblenz angekommen.

Obwohl dieses Mal vieles nicht so gut lief wie bei vergangenen Meisterschaften, konnte ich gerade bei unserer Mannschaft ein sehr positives Resümee ziehen. Die Spieler und Begleiter verstanden sich gut, die Athmosphäre unter allen war sehr harmonisch und sportlich kamen wir insgesamt knapp über meine Erwartungen. Minimalziel war nicht letzter zu werden und mit allem über unserem Setzlistenplatz wäre ich schon sehr zufrieden gewesen und das haben wir mehr als erreicht. Die Beurteilung unserer Spieler im Einzelnen:

Brett 1 Leo Keßler: 4,5 Punkte/7: Ein starker Leader unserer Mannschaft, den sich die anderen schachlich zum Vorbild nehmen können. Er ist schon recht reif und nutzt die vorhandene Bedenkzeit als einziger voll aus. Seine Spielanlage ist für sein Alter schon recht weit und er gehört in der Form zu den besten Spielern seines Jahrgangs in Rheinland-Pfalz. Bei der DVM konnte er sogar mit der Deutschen Spitze mithalten.

Brett 2 Finn Buchheim: 2/7: Er wie auch Vincent mussten durch die Krankheit von Zhang Hao kurzfristig ein Brett nach oben springen und das macht je nach Gegner schon viel aus. Finn ist ein durchaus talentierter Schachspieler, wobei er noch Schwierigkeiten hat seine erste Idee am Brett mal zu hinterfragen: Welche Möglichkeiten hat mein Gegner nach dem Zug? Gibt es noch etwas Besseres?

Mit etwas mehr Ruhe am Brett wäre da sicher noch der ein oder anderen Punkt drin gewesen. Erfreulich das er in der letzten Runde lange kämpfte und den so wichtigen Siegpunkt holte.

Brett 3 Vincent Oehl 0/7: Wenn man alle Spiele verliert kann man nicht zufrieden sein. Das war er natürlich am allerwenigsten. Ihm fällt es auch ganz schwer sein Temperament zu zügeln und so hängt der Arm meist über dem Brett, dabei haben wir doch so viel Zeit für eine Partie. Seine Partien wurden in den letzten Runden besser, jetzt hatte er aber Pech jeweils den stärksten Performer beim Gegner zu bekommen. Sicher ist, dass Vincent deutlich mehr kann und ich bin sicher bei kommenden Meisterschaften wird er dies auch zeigen.

Brett 4 Til Keßler: 4/7: Rettete unser Team schon allein dadurch, dass er sehr kurzfristig einsprang und Schach einem attraktiven Mama-Wochenende vorzog. Ein bischen Angst hatte ich schon, dass unser Youngster untergeht, dann aber startete er voll durch. Sein Vorteil ist, dass er immer direkt auf den gegnerischen König zielt und dabei durchaus kreative Ideen entwickelt. So ist er für jeden Gegner gefährlich, auch wenn mal zwischendurch etwas daneben geht. Belohnt wurde Til neben einer starken Deutschen Meisterschaft mit seiner ersten DWZ, die er sich voll verdient hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert