Bei der diesjährigen mitteldeutschen Meisterschaft erlebte ich das wohl dramatischste Finale mit Lahnsteiner Beteiligung, an dass ich mich erinnern kann.
Doch fangen wir vorne an. Von unserem Siege gegen Bad Homburg habe ich bereits berichtet und das wir uns als Wertungsfavorit doch recht schwer taten. Keiner konnte ahnen, dass die Hessen danach alle Spiele gewannen und sich den ersten Platz sicherten. Das war schon eine richtige Überraschung.
In Runde 2 gegen Ingelheim, war bis zu Schlussrunde das einzige Unentschieden mit dem wir hinterher ein wenig haderten. An den ersten beiden Brettern tat man sich nicht wirklich weh. Peter gewann sicher und auch Christian spielte forsch nach vorne und gewann Material. Ich brauchte etwas zu trinken und kam 2 Minuten später in den Saal zurück. Aus der Gewinnstellung war eine Ruine geworden. Fehler passieren, aber das ging zu flott, wurde dann in den weiteren Partien auch abgestellt.
In Runde 3 wartete Erfurt auf uns. Jonathan brachte uns in Führung, während Lasse nicht so drauf war und es stand 1-1. Christians Gegner sah eine ganz starke Mattkombination in 5 Zügen mit Damenopfer, 1-2. David stand aber während der ganzen Partie aussichtsreich und sein verstärktes Training in den letzten Monaten zeigte Früchte. Er hatte zwar während der kompletten Partie 1-2 Bauern weniger, aber man hatte nie das Gefühl hier brennt was an. Der immer etwas indisponierte König wurde matt gesetzt, 2-2. Es musste nun endlich ein Sieg her und gegen Offenbach sollte es sein… erhofften wir uns wenigstens. 2018 in der Mittelgruppe noch das Maß der Dinge, mussten sie einige Spieler an die U14 abgeben, waren immer noch stark, aber nicht mehr unter den Topteams. Wir gingen schnell mit 2-0 in Führung, nachdem Christian einen Patzer seines Gegners verwerten konnte und Jonathan sauber zwei Bauern einsackte ohne die gegnerischen Drohungen außer Acht zu lassen. Mit seinem großen Kämpferherz war er wie Peter hinten eine wichtige Stütze. Beide holten mit 2/3 ein gutes Ergebnis. Vorne aber hatte David nach einem Aussetzer eine Figur weniger, nur noch 2-1. Lasse musste ein kompliziertes Endspiel mit Minusbauern halten. Ich hatte hier viel Hoffnung, weil die Bauern gegeneinander standen und sich eventuell Optionen ergeben könnten, dass man seine zwei Läufer gegen Bauern gibt und der Gegner dann mit Springer und Läufer Matt setzten muss. Nachdem ein zweiter Bauer ohne Kompensation verloren ging, war es aber rum, wieder nur ein Mannschaftsunentschieden.
Vor der Schlussrunde ergab sich spannende Situation, dass an den ersten 3 Tischen jeweils eine Mannschaft mit einem Sieg sicher durch war. Remis würde nur Weimar und Ingelheim reichen. Wir mussten gegen den Turnierfavoriten Weimar spielen und gewinnen, die nach 3 sicheren Siegen schon fast durch waren und in Runde 4 überraschend Bad Homburg unterlagen. Jetzt musste auch Weimar wieder zittern.
Nach einer guten Stunde war ich relaxt. Peter spielte das Skandinavisch seines Gegners etwas passiv, aber die Stellung sah ganz gut aus. Zwischendurch konnte er sogar die gegnerische Dame ‚matt setzen‘. Bei heterogenen Rochaden musste er aber dann aktiv werden, was er verpasste, 0-1. Alle anderen Partien waren etwas gedrückt und wie sollten da die nötigen 2,5 Punkte rausspringen. Die Anspannung wich bei mir, das war doch durch? Auch als David seinen Gegner auskombinierte wich mein Gefühl nicht. Der Hauptgrund war Christians Partie. Die sah mit den schwarzen Steinen nicht so schlimm aus, wenn man dann die richtige Idee hat. Der Gegner griff am Königsflügel an und man hatte genug Zeit seinen König auf den völlig abgeriegelten Damenflügel zu evakuieren und dann konnte er ruhig kommen, stand doch sein eigener Monarch mit im Brennpunkt. Das geschah aber zunächst leider nicht und die Beobachter hatten das Gefühl, Christian fehlte der nötige Plan gegen die weißen Aktionen. Bei Lasse hatte sich indes das Feld gelichtet und ein ausgeglichenes Springerendspiel stand auf dem Brett. Ausgeglichen, aber lange noch nicht Remis. Es standen sich jeweils 3 Bauern am Damen- wie am Königsflügel gegenüber, die sich dynamisch bewegen konnten und auch die Könige waren auf unterschiedlichen Flügeln. Lasse konnte am Damenflügel Bauern und König blockieren, während sein König hinter die feindlichen Linien kam und abräumte, wir führten erstmals. Als an Christians Brett sich die Ereignisse überschlugen war es mit meiner Ruhe vorbei. Christian fightet und in der Not evakuiert er endlich seinen König, wir sind zurück im Spiel. Jetzt war alles wieder drin. Das war nicht zum Aushalten und ich wollte die Traube um das Brett entlasten und kam nur noch sporadisch in den Spielsaal, war nebendran durch unsere Spieler aber immer bestens informiert. Remis reichte, das wusste er selbst und ein Angebot unnötig, das wusste auch der Gegner. Christian fightet, das Spiel öffnete sich nun an beiden Seiten und es wird vogelwild. Beide Könige standen unter Beschuss und zwischendurch sah es aus als wenn Christian am Drücker wäre. Ein vermeintliches Dauerschach wurde übersehen und mit knapper Zeit die Aktionen beider Spieler ungenauer. Auch geschah auf beiden Seiten ein unmöglicher Zug, was eine Zeitgutschrift als Strafe nach sich zog, hier aber bei 2 Minuten des Gegners gegen 5 von Christian eher dem Gegner half. Es war also alles möglich, aber der Weimarer, zeigte sich am Ende etwas nervenstärker, gewann Material und konnte abtauschen. Das Endspiel war auch mit 3 Minuten Rest sicher zu verwerten. Wie es mit einer Minute gewesen wäre, bleibt wie so vieles im Konjunktiv.
Wir verpassten die Qualifikation mit einem guten 4.Platz denkbar knapp und sicher war es nicht nur die finale Begegnung an der es lag, aber hier war halt unser Ziel noch zu erreichen. Die Auslosung war dieses Jahr nicht unser Freund, spielten wir doch gegen alle späteren Mitkonkurrenten, während diese meist 1 bis 2 Gegner aus dem hinteren Feld bekamen. Eine etwas lockere Runde tut den Kindern manchmal gut, wir hatten aber in jeder Begegnung Nervenkitzel. Sportlich zeigten sich unsere Mannschaft wieder kämpferisch und fair, genauso wie man es sich wünscht. Neben den Spielen war die Stimmung unter den Kindern und auch Mitreisenden wieder richtig gut und ich möchte mich für die gute Zusammenarbeit auch bei den daheimgebliebenen Eltern bedanken. Ich schreibe das in vielen Berichten, gerade weil ich weiß, dass das nicht immer selbstverständlich ist.
Optimal waren die Rahmenbedingungen. Bei der Zimmerverteilung hatten wir etwas Glück. Einen Balkon hatte ich in einer Jugendherberge noch nie, von dem man eine herrliche Aussicht über den Gebirgszug (kein Gebirge wie mir ein erfahrener Geologe berichtete J ) Rhön hatte. Die Jugendherberge war zwar einfach, aber gut ausgestattet, das Personal dort freundlich und engagiert und das Essen hat wohl den meisten geschmeckt. Der Veranstalter, die hessische Schachjugend, setzte hohe Maßstäbe, tat man alles um einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen.
Wir schauen aufs nächste Jahr und wollen dann wieder angreifen.
Impressionen aus Oberbernhards/Hessen
Gerade angekommen und bei schönem Wetter noch ein wenig entspannen.
Der lichtdurchflutete Turniersaal bot optimale Bedingungen.
Vor der ersten Runde. Keiner ahnte, dass wir hier den späteren Mitteldeutschen Meister vor uns hatten. Leider der einzige Sieg, bei 4 Unentschieden.
Jetzt gegen Erfurt.
Der Blick von unserem Balkon. Natur soweit das Auge reicht.
Das Finale gegen Weimar. Es wird ein wahrer Thriller, da braucht man doch abends keinen Krimi mehr :-).